Die Stoffe
Flachs spielte unter den pflanzlichen Rohstoffen zur Textilherstellung die größte Rolle. Schon in der Jungsteinzeit verwendet, war er seitdem die gebräuchlichste Faser nördlich der Alpen. Raufen, Rösten, Dörren, Brechen (Knicken), Schwingen und Hecheln sind die nötigen Arbeitsschritte, um die Flachsfaser zu feinem Leingarn verspinnen zu können. Die Glätte der Fasern sorgt dafür, dass Leinen nur wenig Schmutz aufnimmt. Ein Hinweis auf die Leinenweberei bei den Alamannen sind die zahlreichen in den Boden eingetieften Webhütten (Grubenhäuser), denn beim Leinenweben kommt es darauf an, dass feuchte Bedingungen herrschen, um ein Abreißen des Fadens zu verhindern.
Seit alters her bildete die Schafzucht die Grundlage für eine ausgeprägte Textilproduktion. Nach textilkundlichen Untersuchungen war die mittelalterliche Wolle vorwiegend von einem einfachen, feinen Typ. Schon damals lieferten Schafe, die den heutigen Heideschafen oder Marschschafen ähnelten, das Gros der Wolle; um 700 brachten die Mauren auch die berühmten Merinoschafe mit auf die Iberische Halbinsel, die aber von dort nicht ausgeführt werden durften. Die immer wieder in alamannischen Gräbern gefundenen Wollreste lassen vor allem im Bereich der Ostalb und der angrenzenden Donauniederung um Günzburg ein alamannisches Wollzentrum vermuten.
Auch Brennnesselstoff war im frühen Mittelalter geläufig; heute ist er dagegen eine Rarität und wird nur noch in Nepal hergestellt. Ähnlich wie Brennnessel eignet sich auch Hanf zur Herstellung von Kleiderstoffen; in begrenztem Maße sind aber auch Stoffe aus Ginster, Stroh, Lindenbast, Weidenfasern und anderen Pflanzenfasern für das frühe Mittelalter anzunehmen.
Farbenfrohe Kleider dank Krappwurzel und Waid:
Das Alizarin aus der Krappwurzel (Rubia tinctorum L.) ist ein Universalmittel in der Färbeküche. Es ist als Färberröte bekannt und war im frühen Mittelalter der gebräuchlichste Färbstoff, der je nach Beize die Stoffe zwischen Backsteinrot über Ziegelrot, Türkischrot bis Rotbraun färbte. Verrmischt mit verschiedenen gelbfärbenden Pflanzen ergeben sich besonders leuchtende und farbechte Töne von Orange. Blautöne wurden im frühen Mittelalter besonders gerne gesehen – man denke nur an den blau eingefärbten Mantel Karls des Großen oder den in Norddeutschland gefundenen Thorsberger Mantel. Zur Gewinnung des Indigofarbtons wurde in Mitteleuropa vor allem Waid (Isatis tinctorum L.) verwendet. Das in der Pflanze enthaltene und zunächst farblose Indican wird extrahiert und mithilfe eines Gärprozesses zu Indoxyl umgewandelt. Anschließend kann gefärbt werden. Die Färbelösung ist gelblich grün; auch die gefärbte Faser ist zunächst gelblich grün und wird erst durch den Sauerstoff an der Luft langsam blau.